„Tele-Visions“ im Festival Maerzmusik in Berlin

u.a. „Neue Musik im Fernsehen des Geteilten Deutschland“

Wie sah es im berühmten Salon von Nadia Boulanger in Paris aus, wenn sie Komponisten und Musiker einlud, ihre Arbeiten vorzustellen und gern auch den Focus auf eine lange vergessene Musik richtete? Filme aus 40 Jahren Fernsehgeschichte wurden im Rahmen des Festivals Maerzmusik unter dem Titel „Tele-Visions“ gezeigt. In einem 112-seitigen Broschüre konnte man sich orientieren, im „silent green“ waren in einer großen Halle von 14-24 Uhr jeweils sechs Filme parallel zu sehen, Besucher konnten per Fernbedienung den Sound anwählen. So wurde man zum Teil von Bildern verführt, doch mal auf den anderen Kanal zu switschen oder bei längeren Vorträgen in original-Sprache und der deutschen Übersetzung auf einen anderen Kanal zu zappen, um nicht nur zu hören, was Iannis Xenakis zu sagen hat, sondern parallel dazu zu erfahren, worüber Leonard Bernstein gerade spricht, was im Kagel-Film zu hören ist oder wie Karlheinz Stockhausens „Mikrophonie I“ sich in der Aufführung entwickelt. Oder man blieb ganz einfach an einem gut gemachten Film hängen, begegnete Musikwelten von Galina Ustwolskaja, Friedrich Goldmann oder Friedrich Schenker.

In hochkarätig zusammengesetzten Panels wurde man für das Sehen sensibilisiert, so in „Neue Musik im Fernsehen des Geteilten Deutschland“ mit Heike Hoffmann, Ilse Müller, Dagmar Stuchlik und Jens Schubbe, moderiert von Festivalleiter Berno Odo Polzer.

Wurde die Wiedervereinigung in der Musik schon 1980 vollzogen? Eine spannende Frage, unter der man die Fernsehfilme anders betrachtet und auch die heutige Rezeption der Musik, die zwischen 1950 und 1990 entstand, wirft Fragen auf, Fragen, die nicht nur die Musik der DDR betrifft. Jens Schubbe sprach die Förderpraktiken an, die den „Uraufführungs- und Neuproduktionszirkus“ fördern.