Ich übe nicht – ich lerne ein Stück kennen!

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Ich übe nicht – ich lerne ein Stück kennen!

31. Oktober 2020 @ 13:00 - 14:00

NDR Kultur

Eine ganz besondere Begegnung: Unterwegs mit Patricia Kopatchinskaja.

Mit Gedanken von C.G. Jung und einem grünen Blogger und Cellisten an ihrer Seite bewahrt die Musikerin sich ihre Zauberkräfte

Ihre szenischen Konzerte die mit tickenden Zeitbomben (Metronomen) und Hammerschlägen auf einen Sarg (die Sperrholzkiste in Galina Ustwolskajas “Dies Irae“), die unsere Gedanken auf das Ende der Zeit richten, zeigen Wirkung. Ihr Credo: „Ich will Musik auf der Bühne produzieren, die mir etwas sagt und mit der ich etwas sagen kann.“

„Wissen ist oft gefährlich!“ weiß Patricia Kopatchinskaja, „Weil einen das sehr zuschließt. Dieses Ahnen ist sehr viel mehr wert, finde ich. Und das waren schon immer diese Musiker, die nicht Lexikone waren, sondern eben diese intuitiven Wurzeln hatten, so wie Kleiber, auch Kyrill Petrenko ist so jemand, auch Currentzis. Das sind Menschen, die sehr viel spüren. Sie können das nicht erklären. Das kann man gar nicht beweisen. Ich könnte nicht vor Gericht gehen und mich verteidigen. Da kann mich einfach jeder wie eine Hexe verbrennen, der mich nicht mag. Mein Ratschlag wäre: Kommen Sie einfach nicht in mein Konzert!“

Wenn Patricia Kopatchinskaja von der Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Teodor Currentzis spricht, weiß man, was sie im Konzert sucht. „Wir bereichern einander, befeuern, einander, inspirieren und unterstützen. Und wenn einer zu weit fliegt, ist der andere da, um ihn wieder aufzufangen. Also wir sind wie zwei gute Akrobaten.“ Und das erlebt sie nicht immer so mit Dirigenten. „Ein Dirigent ist sehr oft ein Feind. Ein Dirigent ist sehr oft ein Kritiker, ein Mensch, der nur koordiniert, Polizei spielt und aber nichts empfindet, nicht die Vision eines Interpreten teilt.“

Patricia Kopatchinskajas Ehemann Lukas Fierz war Neurologe, ist Umweltblogger und Cellist. Am Küchentisch arbeiten die beiden an Themen für die szenischen Konzerte, wie „Dies Irae“ oder „Der Tod und die Geigerin“, (geplant für Ostern 2021), sie eher intuitiv von der Musik her, er recherchiert Fakten und Kontexte. Er bestärkt sie seit mehr als 20 Jahren darin, ihre Wildheit, ihr intuitives Verständnis von Musik nicht abzulegen zugunsten eines auf Hochglanz getrimmten Geigentones für Upper-Class-Klassik-Konsumenten. Ihr Ton darf leben. „Wie war das noch mal? Kritiker schrieben, Paganini hat bei der Wiederholung auch alle Töne gespielt. Also hat er offensichtlich auch nicht perfekt gespielt. Da kann man sich vorstellen, dass die Musiker eher Illusionisten waren, also wie im Zirkus. Man benutzt ja dieses Wort ‚Zirkus‘ immer als so etwas Negatives, und dabei sollten wir so vieles vom Zirkus lernen und auch vom Cabaret im Übrigen, nämlich von der Aktualität der Themen. Ein Kabarettist geht nie auf die Bühne, um irgendetwas zu sagen, was man schon weiß oder was altmodisch ist. Er arbeitet immer mit aktuellen Themen. Und wir hingegen, die klassischen Musiker -? Spielen immer wieder dasselbe und immer wieder auf dieselbe Art. Das ist wie eben immer dasselbe Schnitzel zu essen. Irgendwann muss man doch Kotzen, ja?!“

Patricia Kopatchinskaja begeistert Konzertbesucher für das allzu Bekannte ebenso wie für das nie Gehörte und deshalb lieben Komponisten es, für sie zu schreiben. Sie wirft Töne in den Raum, schnell wie Pfeile, so dass man sich duckt, langsam wie Seifenblasen, die man fangen möchte. Musik wird ein körperliches und räumliches Erlebnis, ein poetischer Moment, ein Aufrütteln, eine Erfahrung, die bleibt.

Musik machen ist bei jedem Stück „wie ein Erlernen einer Sprache, ohne didaktisches Denken“. Wichtig sind die psychischen Grundfunktionen, wie C. G. Jung sie definiert: „Empfinden, Intuieren, Fühlen und Denken. Alles. Es braucht alles.“

Details

Datum:
31. Oktober 2020
Zeit:
13:00 - 14:00
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